Neue Irmereien eines alten Bekannten

Zur Sonderausgabe des Wetzlarer Anzeigenblatts "KURIER" zur Kommunalwahl 2021 | März 2021

Es gibt alte Bekannte, von denen nach längerer Zeit wieder mal was zu hören, durchaus Freude macht. Bei Herrn Irmer, einem alten Bekannten der GEW Hessen, ist das leider nicht so.

Hans-Jürgen Irmer, Bundestagsabgeordneter und ehemaliger schulpolitischer Sprecher der hessischen CDU-Landtagsfraktion, der sich selbst als "Konservativen, der sein Vaterland liebt" beschreibt und Homosexualität nach eigenen Aussagen für "nicht normal" hielt sowie Asylbewerber:innen gerne "gefesselt und geknebelt" abgeschoben sähe (weitere interessante Positionen sind seinem Wikipedia-Eintrag zu entnehmen), hat immer wieder mal ein Sträußchen mit der GEW auszufechten.

Gerne nutzt er dazu den monatlich erscheinenden "Wetzlar-Kurier", dessen Herausgeber er praktischerweise ist. So jetzt wieder in einer Sonderausgabe zur Kommunalwahl im März 2021. In einem "Kandidaten der Deutschen Kommunistischen Partei auf Kreistagsliste der SED/Linkspartei" betitelten Artikel greift er die Kandidatur zweier langjähriger verdienter aktiver GEW-Mitglieder auf der Liste der Linkspartei an (Zitat Wetzlar-Kurier): "... darunter mit Klaus Petri und Walter Schäfer zwei ehemalige Lehrer, schon zu aktiven Zeiten in der linken Lehrergewerkschaft engagiert, die aus ihrer wirklichen Grundeinstellung und Gesinnung keinen Hehl mehr machen." Unter anderem empfiehlt er ihnen darin, sie sollten ihren "Lebensabend in einem der sozialistischen Wunderländer dieser Welt verbringen, ob in Venezuela, Russland, China oder auch Nordkorea." (Zitat Wetzlar-Kurier)

Klaus Petri und Walter Schäfer haben sich der Mühe unterzogen, Herrn Irmer zu antworten. Das Schreiben wollen wir Euch nicht vorenthalten. Im Übrigen danken wir Klaus und Walter, dass sie aus ihrer Grundeinstellung und Gesinnung keinen Hehl machen.

Aus dem Offenen Brief an Hans-Jürgen Irmer:

"In Ihrem „KURIER“ legen Sie uns beiden nahe, dass wir – als hessische Lehrkräfte im Ruhestand – unsere Familien und den Freundeskreis im Lahn-Dillkreis verlassen und unseren Lebensabend in „sozialistischen Wunderländern" wie Venezuela oder Nordkorea verbringen mögen. Früher, als es die DDR noch gab, hieß das ja schlicht „Geht doch nach drüben!“

Diese Aufforderung erinnert uns fatal an das Jahr 1933, als Kommunist:innen wie Anna Seghers oder Bertolt Brecht die deutsche Staatsbürgerschaft entzogen bekamen und ins politische Exil gezwungen wurden. Wir suchen und finden unsere politischen Vorbilder weder in Venezuela noch in Nordkorea. Zu unseren politischen Vorbildern gehörten vor 50 Jahren und gehören weiterhin Genossen wie Walter Fisch oder Emil Carlebach, die vor 75 Jahren am demokratischen Neubeginn mitwirkten und die Hessische Verfassung miterarbeitet haben. Carlebach hat durch einen Zufall als Blockältester des „Judenblocks“ das KZ Buchenwald überlebt und war einer der Mitbegründer der Frankfurter Rundschau. Wir gehen davon aus, dass Sie das nicht wissen bzw. dass Sie das nicht interessiert.

Wir wurden 1982 und 1976 als junge Lehrer auf die Hessische Verfassung vereidigt, und deren Werte zu schützen und zu verteidigen, ist Teil unseres beruflichen Ethos. Mit Blick auf einige Artikel der Hessischen Verfassung (z.B. Art 41/Sozialisierungsgebot für die Schlüsselindustrien oder Artikel 69/“Der Krieg ist geächtet“) klaffen Verfassungsanspruch und gesellschaftliche Realitäten zu unserem Bedauern weit auseinander. Wir finden uns nicht damit ab."

Brief