Altersweisheit hilft bei Pflegebedürftigkeit

Hessischer „Beihilfe“-Referent informiert GEW-Ruheständler

von Jürgen Weil

Über 100 Seniorinnen und Senioren aus dem Bezirksverband Mittelhessen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) haben eine Informationsveranstaltung zum Thema „Beihilfe nach der Pensionierung - besonders in Fällen von Pflegebedürftigkeit“ im Hotel Köhler in Gießen besucht. Ein wichtiges Thema, das spätestens Beamte der Altersgruppe „Ü60“ beschäftigt, aber mehrheitlich Versorgungsempfänger mit Beihilfeanspruch und ihre berücksichtigungsfähigen Angehörigen interessierte.

Das Vorsitzendenteam der Personengruppe im GEW-Bezirksverband, Dorothea Mannshardt, Maximiliane Ritter und Dietmar Becher, waren nicht überrascht über den großen Andrang. Zwar gibt es den „Ratgeber Pflege“, kostenlos herausgegeben vom Bundesministerium für Gesundheit, und diverse Merkblätter, doch um über den aktuellen Stand der „Beihilfe zu Pflegekosten“ zu informieren, bedurfte es eines Experten. Und Dirk Volkwein–Groh, Teamleiter eines Sachbearbeiterteams und nebenberuflicher Dozent für das hessische Beihilferecht, erwies sich als Volltreffer.

Mit Unterstützung einer komprimierten, allgemeinverständlichen Powerpoint-Präsentation, aber besonders durch anschauliche Beispiele, witzige Beschreibungen und humorvoll vorgetragene persönliche Erfahrungen mit „Opa und Oma“ erhielten die aufmerksamen Zuhörer wertvolle Erkenntnisse und alltagstaugliche Ratschläge. So wurden die kompliziertesten Themen begreiflich, wie Leistungsbeschreibungen der fünf Pflegegrade, Unterschiede der häuslichen Pflege, Kurzzeitpflege und vollstationären Pflege, Kombination von Pflegedienstleistungen und Pflegesachleistungen, Informationen zu Pflegegeld, Pauschalen und Härtefallregelungen, immer unterlegt mit Berechnungsbeispielen.

Wichtige Erkenntnisse bleiben haften. Je nach Versicherungsart, privat oder freiwillig gesetzlich, liegt der Bemessungssatz der Beihilfe bei 70 oder 50 Prozent. Vorrangig ist immer die Pflegekasse, an die Anträge zu stellen sind, wenn voraussichtlich mindestens sechs Monate Pflegbedürftigkeit zu erwarten ist. Ein medizinischer Dienst prüft im Wohnbereich den Pflegegrad, der halbjährig, bei den Stufen vier und fünf vierteljährig überprüft wird. Formulare jeglicher Art stehen auf der Homepage des RP Kassel zum Herunterladen bereit, auf Verjährungsfristen ist zu achten. Grundsätzlich sind 20 Prozent von Pflegekosten zumutbar, andererseits sind aus Fürsorgegründen Kosten über den eigentlichen Höchstbetrag hinaus trotzdem bis 3 800 Euro beihilfefähig. Auch Umbaumaßnahmen in der Wohnung sind bis 4000 Euro erstattungsfähig. In Krisensituationen wie nach einer Operation kann sogar eine Kurzzeitpflege in einer vollstationären Einrichtung für bis zu vier Wochen im Kalenderjahr in Anspruch genommen werden.

Fragen der Teilnehmer an Volkwein-Groh zeugen von kritischem Sachverstand, vieles ist ihnen unbekannt: Voraussetzung für volle Leistungen bei häuslicher Pflege ist die Betreuung durch eine anerkannte Berufspflegekraft. Teilzeitbeschäftigte Pflegepersonen sind kostenlos unfallversichert, erwerben eine Anwartschaft auf eine höhere Rente. Es gibt bis zu 10 Tage im Jahr Lohnersatzleistungen, wenn ein naher Verwandter kurzfristig dafür eigene Arbeitszeit aufwenden muss. Pflegebedürftige in häuslicher Pflegestufe 1 haben Anspruch auf einen Entlastungsbetrag in Höhe von 125 Euro monatlich, der auch ins nächste Kalenderjahr übertragen werden kann. Ambulant betreute Gruppen, zum Beispiel in einem Mehrgenerationenhaus, haben eventuell ein Recht auf einen pauschalen Zuschlag von 214 Euro. Auch Auslandsaufenthalte machen unter Umständen bei Zustimmung der Pflegekasse die Zahlung von Pflegegeld und Sachleistungen möglich.

Bei den Zuhörern wuchs die Einsicht, dass auch bei vollstationärer Pflege die Pflegeversicherung und die Beihilfe sowie eigene Einkommen Kosten ausreichend abdecken, eine private Pflegezusatzversicherung überflüssig machen. Für die Auswahl von Pflegeheimen gab Volkwein-Groh wertvolle Tipps. Fragen nach der Zahl der Pflegekräfte auch bei Nacht und grundsätzlich nach dem Personalschlüssel seien wichtiger als das tolle Ambiente eines Hauses und umfangreiche Freizeitangebote.

„Wir seh’n mit Grausen ringsherum: Die Leute werden alt und dumm. Nur wir allein im weiten Kreise, wir bleiben jung und werden weise“, hatte Rechtsberater Volrad Döhner vom Vorsitzendenteam des GEW-Bezirksverbandes Eugen Roths „Einbildung“ zitiert. Der starke Applaus am Ende machte deutlich, dass zumindest der Wissenszuwachs groß war. Maximiliane Ritter überreichte Dirk Volkmann-Groh zum Dank zwei Flaschen des seltenen Lahnweins „Runkeler Rote“ und lobte: „Ich hätte nicht gedacht, dass man bei dem Thema auch noch ausgiebig lachen kann.“ Als besonderen Service bieten die Gewerkschaftler die Präsentation des Beihilfe-Sachverständigen als pdf-Datei zum Herunterladen im Internet an, zu finden unter „www.gew-mittelhessen.de/seniorinnensenioren“. Das Portal bietet umfassende Informationen nicht nur für die Ruheständler, sondern grundsätzlich über Rechtsfragen, die Arbeit der Kreisverbände und Gesamtpersonalräte und ihre Veranstaltungen.

Vortrag von Dirk Volkwein-Groh, RP Kassel