Grundschulen kein Experimentierfeld für Infektionsgefährlichkeit

GEW über Diskriminierungsversuch von Schülern und Lehrkräften entsetzt!

Im Bezirksverband der GEW Mittelhessen ist man bestürzt und entrüstet, dass die Grundschulen unseres Landes 2 Wochen vor den Sommerferien zum Experimentierlabor der Landesregierung gemacht werden sollen, um herauszufinden, welche Infektionsmöglichkeiten entstehen können, wenn Menschenansammlungen von 20 – 25 Personen auf dem engen Raum eines Schulzimmers zusammen lernen und miteinander kommunizieren.

Eine solche Vorgabe macht die 13.Coronaverordnung der hessischen Landesregierung, die ab dem 22.6.2020 für das ganze Land in Kraft treten soll. Das 1,5-Meter-Abstandsgebot bleibt für alle gesellschaftlichen Bereiche weiterhin bestehen, soll aber einzig und allein für den Bereich der Grundschulen für die letzten zwei Wochen des Schuljahresaußer Kraft treten. Gleichzeitig sollen qua Verordnung die Empfehlungen des Robert-Koch-Institutes angeblich weitergelten. Tatsächlich aber hat das Robert-Koch-Institut keine Außerkraftsetzung des 1,5-Meter-Abstandsgebotes empfohlen!

„Mit dieser Verordnungsänderung  werden die Grundschüler und ihre Klassenlehrer entgegen der Empfehlung des Robert-Koch-Institutes willkürlich zu Versuchskaninchen herabgewürdigt, an denen im Experiment herausgefunden werden soll, welchen infektionsgefährlichen Auswirkung die Aufhebung der Abstandsregel für Menschengruppen bis 27 Personen auf engem Raum  hat“,  erklärte Volrad Döhner,  ein Teamvorsitzender der GEW Mittelhessen. 

Kultusminister Dr. Lorz hat an die Schulleiter der Grundschulen im Lande Hessen am 10.6.2020 geschrieben, dass mit dem Unterricht in voller Klassenstärke ab dem 22.6.2020 die Möglichkeit eröffnet werden könne, das Abstandsgebot von 1,5 Metern aufzuheben. Diese Beschreibung des Kultusministers ist nach Ansicht der GEW eine schamlose Verdrehung von Ursache und Wirkung:  Nur wenn das Abstandsgebot außer Kraft gesetzt werde, könne ein Unterricht in voller Klassenstärke möglich gemacht werden!

Die den Eltern der Grundschüler angebotene Wahlfreiheit, aus gesundheitlichen Gewissensgründen ihre Kinder nicht zum Unterricht zu schicken, bürde den betroffenen Eltern und den Lehrkräften schwerwiegende Sonderverpflichtungen auf: den Eltern werde zugemutet, für die häusliche Beschulung ihrer Kinder „selber die Verantwortung zu tragen“, die Lehrkräfte müssten zusätzlich zum Klassenunterricht noch Fernunterricht für die daheimgebliebenen Kinder sicherstellen.

Das unverantwortliche Experiment der Landesregierung mit kleinen Kindern und deren Lehrkräften ist wegen Verstoßes gegen das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit, gegen die Menschenwürde und auch gegen das Gleichbehandlungsgebot abzulehnen, so die Meinung in der GEW.

Den Lehrkräften an Grundschulen und den Schulleitungen wird empfohlen, sich nicht in Verantwortung nehmen zu lassen für ein unwürdiges Experiment; stattdessen  sollten sie das rechtsstaatliche Mittel der „Remonstration“ einsetzen, mit welchem sie sich von der persönlichen Mitverantwortung für das unverantwortliche Spiel mit kleinen Kindern und auch gegen sich selber befreien können.

  • Remonstration ist eine demokratische Regelung nach § 36 des Beamtenstatusgesetzes, dem Zufolge jeder Staatsdiener grundsätzlich zunächst für seine dienstlichen Handlungen höchstpersönlich die Verantwortung trägt. Bei rechtlichen Bedenken gegen einen Dienstbefehl soll der Beschäftigte dagegen Einspruch einlegen. Wird er erneut angewiesen, den Befehl auszuführen, muss er ihn ausführen, wird aber von seiner persönlichen Mitverantwortung für die ihm angewiesene Handlung befreit.

Volrad Döhner, Mitglied im Vorsitzendenteam der GEW Mittelhessen + Rechtsberater

Muster_persoenliche_Remonstration